Mozarts Zauberflöte |
Papageno beim Vogelfang |
Erster Aufzug
Szene 1
Eine felsige Gegend, hie und da mit Bäumen überwachsen. Tamino kommt im Jagdkleide von einem Felsen herunter mit einem Bogen, aber ohne Pfeil. Eine Schlange verfolgt ihn.
1. Introduktion
Tamino:
Zu Hilfe! Zu Hilfe! Sonst bin ich verloren,
Der listigen Schlange zum Opfer erkoren.
Barmherzige Götter! Schon nahet sie sich!
Ach, rettet mich! Ach, schützet mich!(Er fällt in Ohnmacht. Die Drei Damen verschleiert, mit silbernen Wurfspießen.)
Drei Damen:
Stirb, Ungeheu'r, durch unsre Macht!
(Sie stossen die Schlange entzwei.)
Triumph! Triumph! Sie ist vollbracht,
Die Heldentat! Er ist befreit
Durch unsres Armes Tapferkeit.Erste Dame:
Ein holder Jüngling, sanft und schön.Zweite Dame:
So schön, als ich noch nie gesehn!Dritte Dame:
Ja, ja, gewiß zum Malen schön!Drei Damen:
Würd' ich mein Herz der Liebe weihn,
So müßt es dieser Jüngling sein.
Laßt uns zu uns'rer Fürstin eilen,
Ihr diese Nachricht zu erteilen.
Vielleicht daß dieser schöne Mann
Die vor'ge Ruh' ihr geben kann.Erste Dame:
So geht und sagt es ihr,
Ich bleib indessen hier.Zweite Dame:
Nein, nein, geht ihr nur hin,
Ich wache hier für ihn!Dritte Dame:
Nein, nein, das kann nicht sein!
Ich schütze ihn allein.Erste Dame:
Ich bleib' indessen hier!Zweite Dame:
Ich wache hier für ihn!Dritte Dame:
Ich schütze ihn allein!Erste Dame:
Ich bleibe!Zweite Dame:
Ich wache!Dritte Dame:
Ich schütze!Drei Damen:
Ichl Ich! Ich!(Jede für sich)
Ich sollte fort? Ei, ei, Wie fein!
Sie wären gern bei ihm allein -
Nein, nein! Das kann nicht sein!(Eine nach der andern, dann alle drei zugleich)
Was wollte ich darum nicht geben,
Könnt' ich mit diesem Jüngling leben!
Hätt' ich ihn doch so ganz allein!
Doch keine geht; es kann nicht sein,
Am besten ist es nun, ich geh'.(Zu Tamino)
Du Jüngling, schön und liebevoll,
Du trauter Jüngling, lebe wohl,
Bis ich dich wiederseh'.
(Sie gehen)
Dialog
Tamino
(erwacht, sieht furchtsam umher):
Wo bin ich? Ist's Fantasie, daß ich noch lebe?
Oder hat eine höhere Macht mich gerettet?
(Er steht auf und sieht umher.)
Wie? - Die bösartige Schlange ist tot?
(Man hört von fern ein Waldflötchen.)
Was hör ich? - Ha, eine männliche Figur nähert sich
(Er versteckt sich hinter einem Baum.)
2. Arie
(Papageno kommt einen Fußsteig herunter, hat auf dem Rücken eine große Vogelsteige, worin verschiedene Vögel sind. In der Hand hat er eine kleine Waldflöte.)
Papageno:
Der Vogelfänger bin ich ja,
Stets lustig, heisa, hopsasa!
Ich Vogelfänger bin bekannt
Bei Alt und Jung im ganzen Land.
Weiß mit dem Locken umzugehn
Und mich auf's Pfeifen zu verstehn.
Drum kann ich froh und lustig sein,
Denn alle Vögel sind ja mein.
Der Vogelfänger bin ich ja,
Stets lustig, heisa, hopsasa!
Ich Vogelfänger bin bekannt
Bei Alt und Jung im ganzen Land.
Ein Netz für Mädchen möchte ich,
Ich fing sie dutzendweis für mich;
Dann sperrte ich sie bei mir ein,
Und alle Mädchen wären mein.
Wenn alle Mädchen wären mein,
So tauschte ich brav Zucker ein.
Die, welche mir am liebsten wär',
Der gäb' ich gleich den Zucker her.
Und küßte sie mich zärtlich dann,
Wär' sie mein Weib und ich ihr Mann,
Sie schlief' an meiner Seite ein,
Ich wiegte wie ein Kind sie ein.
(Pfeift, will nach der Arie nach der Pforte gehen.)
Dialog
Tamino:
He da!Papageno:
Was da?Tamino:
Sag mir, du lustiger Freund, wer du seist?Papageno:
Wer ich bin? Dumme Frage! Ein Mensch, wie
du. Und wenn ich dich nun fragte, wer du bist?Tamino:
So würde ich dir antworten, daß ich aus fürstlichem
Geblüte bin.Papageno:
Das ist mir zu hoch. Mußt dich deutlicher
erklären, wenn ich dich verstehen soll!Tamino:
Mein Vater ist ein Fürst, der über viele Länder
und Menschen herrscht; darum nennt man mich Prinz.Papageno:
Länder? Menschen? Prinz? Sagst du mir
zuvor: gibt's außer diesen Bergen auch noch Länder und
Menschen?Tamino:
Viele Tausende!Papageno:
Da ließe sich ja eine Spekulation mit meinen
Vögeln machen.Tamino:
Aber wie nennt man eigentlich diese Gegend? Und wer
beherrscht sie?Papageno:
Das kann ich dir ebensowenig beantworten, als ich
weiß, wie ich auf die Welt gekommen bin.Tamino (lacht):
Wie? Du wüßtest nicht, wo du geboren,
oder wer deine Eltern waren?Papageno:
Kein Wort! Ich weiß nur so viel, daß nicht
weit von hier meine Strohhütte steht, die mich vor Regen
und Kälte schützt.Tamino:
Aber wie lebst du?Papageno:
Na, von Essen und Trinken, wie alle Menschen.Tamino:
Wodurch erhältst du das?Papageno:
Durch Tausch - ich fange für die sternflammende
Königin und ihre Jungfrauen verschiedene Vögel;
dafür erhalte ich täglich Speise und Trank von ihr.Tamino:
Sternflammende Königin? Wenn es etwa gar die mächtige
Herrscherin der Nacht wäre! - Sag mir, guter Freund,
warst du schon so glücklich, diese Göttin der Nacht zu
sehen?Papageno:
Sehen? Die sternflammende Königin sehen? Welcher Sterbliche
könnte sich rühmen, die je gesehn zu haben?Tamino (für sich):
Nun ist's klar; es ist eben diese nächtliche Königin,
von der mein Vater mir so oft erzählte. Unfehlbar ist auch
dieser Mann kein gewöhnlicher Mensch.Papageno(für sich):
Wie er mich so starr anblickt!
Bald fang' ich an, mich vor ihm zu fürchten.
(laut)
Warum siehst du so verdächtig und schelmisch nach mir?Tamino:
Weil... weil ich zweifle. ob du ein Mensch bist.Papageno:
Wie war das?Tamino:
Nach deinen Federn, die dich bedecken, halt' ich dich-
(Er geht auf ihn zu)Papageno:
Doch für keinen Vogel? Du, bleib zurück, sag' ich,
und traue mir nicht; denn ich habe Riesenkraft. (für sich)
Wenn er sich nicht bald von mir schrecken lässt, so lauf ich
davon.Tamino:
Riesenkraft?
(Er sieht auf die Schlange)
Also warst du wohl gar mein Erretter, der diese giftige Schlange
bekämpfte?Papageno:
Schlange!
(Er sieht sich um, weicht zitternd einige Schritte zurück)
Ah! Ah! Ist sie tot oder lebendig?Tamino:
Aber um alles in der Welt, Freund, wie hast du dieses Ungeheuer
bekämpft? Du bist ohne Waffen.Papageno:
Brauch keine! Bei mir ist ein starker Druck mit der Hand mehr als
Waffen.Tamino:
Du hast sie also erdrosselt?Papageno:
Erdrosselt! (für sich)
Bin in meinem Leben nicht so stark gewesen, als heute.(Die Drei Damen erscheinen verschleiert.)
Drei Damen (drohen und rufen zugleich):
Papageno!Papageno:
Aha, das geht mich an!Tamino:
Wer sind diese Damen?Papageno:
Wer sie eigentlich sind, weiß ich selbst nicht.
Ich weiß nur so viel, daß sie mir täglich meine
Vögel abnehmen, und mir dafür Wein, Zuckerbrot und
süße Feigen bringen.Tamino:
Sie sind vermutlich sehr schön?Papageno:
Ich denke nicht! Denn wann die schön wären, dann
würden die noch nicht ihre Gesichter bedecken.Drei Damen (drohend):
Papageno!Papageno (beiseite zu Tamino):
Sei still! Sie drohen mir schon. (laut)
Ah, du fragst, ob sie schön sind, da kann ich dir nichts anderes
darauf antworten, als daß ich in meinem Leben nichts
Reizenderes gesehen habe. (für sich)
Jetzt werd ich gleich wieder gut sein.Drei Damen (noch näher tretend, drohend):
Papageno!Papageno:
Was hab ich bloß heute verbrochen, daß die so aufgebracht
wider mich sind? - Hier, meine Schönen, übergeb ich euch
meine Vögel.Erste Dame (reicht ihm ein Gefäß mit Wasser):
Dafür schickt dir unsere Fürstin heute zum ersten Mal statt
Wein reines, helles Wasser.Zweite Dame:
Und mir befahl sie, daß ich, statt Zuckerbrot, diesen Stein dir
überbringen soll. Ich wünsche, daß er dir wohl
bekommen möge.Papageno:
Was? Steine soll ich fressen?Dritte Dame:
Und statt der süßen Feigen, hab' ich die Ehre, dir dies
goldene Schloß vor den Mund zu schlagen.
(Sie schlägt ihm das Schloß vor. Papageno hat seinen
Scherz durch Gebärden.)Erste Dame:
Du willst vermutlich wissen, warum die Fürstin dich heute so
wunderbar bestraft?(Papageno bejaht es durch Nicken mit dem Kopf.)
Zweite Dame:
Damit du künftig nie mehr Fremde belügst.Dritte Dame:
Und daß du nie dich der Heldentaten rühmst, die andre
vollzogen haben.Erste Dame:
Sag an! Hast du diese Schlange bekämpft?
(Papageno verneint es, durch Schütteln mit dem Kopf.)Zweite Dame:
Wer denn also?
(Papageno deutet an, daß er es nicht weiß.)Dritte Dame (zu Tamino):
Wir waren's, Jüngling, die dich befreiten. Hier, dies
Gemälde schickt dir die große Fürstin;
es ist das Bildnis ihrer Tochter. "Findest du," sagte sie,
"daß diese Züge dir nicht gleichgültig sind, dann ist
Glück, Ehr' und Ruhm dein Los!"
Auf Wiedersehen. (Geht ab.)Zweite Dame:
Adieu, Monsieur Papageno! (Geht ab.)Erste Dame:
Fein nicht zu hastig getrunken! (Sie geht lachend ab.
Papageno hat immer sein stummes Spiel gehabt;
Tamino ist gleich beim Empfang des Bildnisses aufmerksam geworden; seine Liebe nimmt zu, ob er gleich für alle
diese Reden taub scheint.)3. Arie
Tamino (blickt das Bildnis an):
Dies Bildnis ist bezaubernd schön,
Wie noch kein Auge je gesehn!
Ich fühl es, wie dies Götterbild
Mein Herz mit neuer Regung füllt.
Dies Etwas kann ich zwar nicht nennen,
Doch fühl' ich's hier wie Feuer brennen.
Soll die Empfindung Liebe sein?
Ja, ja die Liebe ist's allein.
O wenn ich sie nur finden könnte!
O wenn sie doch schon vor mir stände!
Ich würde, würde, warm und rein,
Was würde ich?
Ich würde sie voll Entzücken
An diesen heißen Busen drücken,
Und ewig wäre sie dann mein!(Tamino will abgehen. Die Drei Damen treten auf.)
Dialog
Erste Dame:
Rüste dich mit Mut und Standhaftigkeit,
schöner Jüngling! Die Fürstin -Zweite Dame:
... hat mir aufgetragen, dir zu sagen...Dritte Dame:
Daß der Weg zu deinem künftigen Glücke
nunmehr gebahnt sei.Erste Dame:
Sie hat jedes deiner Worte gehört; Sie hat...Zweite Dame:
Jeden Zug in deinem Gesichte gelesen...Dritte Dame:
...hat beschlossen, dich ganz glücklich zu
machen.Erste Dame:
"Hat dieser Jüngling," sprach sie, "auch so viel
Mut und Tapferkeit, als er zärtlich ist, O, so ist meine
Tochter ganz gewiß gerettet."Tamino:
Gerettet?Erste Dame:
Ein mächtiger, böser Dämon hat sie ihr entrissen.Tamino:
Entrissen? Sagt, sagt, wo ist des Tyrannen Aufenthalt?Zweite Dame:
Sehr nahe an unsern Bergen. Seine Burg ist sorgsam bewacht.Tamino:
Pamina sei gerettet! Das schwör' ich bei meiner Liebe, bei
meinem Herzen. (Kurzer starker Donner.)
Ihr Götter, was ist das? (Es wird dunkel.)Die Drei Damen:
Fasse dich!Erste Dame:
Es verkündigt die Ankunft unserer Königin. (Donner.)Drei Damen:
Sie kommt! (Donner. )
Sie kommt! (Donner. )
Sie kommt! (Die Berge teilen sich auseinander und das Theater verwandelt sich
in ein prächtiges Gemach.)4. Arie
Königin der Nacht:
O zittre nicht, mein lieber Sohn!
Du bist unschuldig, weise, fromm;
Ein Jüngling so wie du vermag am besten,
Dies tiefbetrübte Mutterherz zu trösten.
Zum Leiden bin ich auserkoren,
Denn meine Tochter fehlet mir;
Durch sie ging all mein Glück verloren,
Ein Bösewicht entfloh mit ihr.
Noch seh' ich ihr Zittern
Mit bangem Erschüttern,
Ihr ängstliches Beben,
Ihr schüchternes Streben.
Ich mußte sie mir rauben sehen,
Ach helft! ach helft! war alles, was sie sprach.
Allein vergebens war ihr Flehen,
Denn meine Hilfe war zu schwach.
Du, du, du wirst sie zu befreien gehen, Du wirst der Tochter Retter sein.
Und werd' ich dich als Sieger sehen,
So sei sie dann auf ewig dein.(Mit den Drei Damen ab.
Das Theater verwandelt sich wieder, so wie es vorher war.) Dialog
Tamino (nach einer Pause):
Ist's denn auch Wirklichkeit, was ich sah? O ihr guten Götter,
täuscht mich nicht!
5. Quintett
Papageno (deutet traurig auf das Schloß am Munde):
Hm, hm, hm, hm, hm!
Tamino:
Der Arme kann von Strafe sagen,
Denn seine Sprache ist dahin.
Papageno:
Hm, hm, hm, hm, hm, hm!
Tamino:
Ich kann nichts tun, als dich beklagen,
Weil ich zu schwach zu helfen bin.
(Die Drei Damen erscheinen, und treten zwischen Tamino und Papageno.)
Erste Dame:
Die Königin begnadigt dich,
Erläßt die Strafe dir durch mich.
(Sie nimmt ihm das Schloß vom Munde.)
Papageno:
Nun plaudert Papageno wieder!
Zweite Dame:
Ja, plaudre! Lüge nur nicht wieder!
Papageno:
Ich lüge nimmermehr, nein, nein!
Drei Damen:
Dies Schloß soll deine Warnung sein.
Papageno:
Dies Schloß meine Warnung sein.
Alle:
Bekämen doch die Lügner alle
Ein solches Schloß vor ihren Mund;
Statt Haß, Verleumdung, schwarzer Galle,
Bestünden Lieb' und Bruderbund.
Erste Dame (gibt Tamino eine goldene Flöte):
O Prinz, nimm dies Geschenk von mir!
Dies sendet uns're Fürstin dir.
Die Zauberflöte wird dich schützen,
Im größten Unglück unterstützen.
Drei Damen:
Hiermit kannst du allmächtig handeln,
Der Menschen Leidenschaft verwandeln:
Der Traurige wird freudig sein,
Den Hagestolz nimmt Liebe ein.
Alle:
O so eine Flöte ist mehr
Als Gold und Kronen wert,
Denn durch sie wird Menschenglück
Und Zufriedenheit vermehrt.Papageno:
Nun, ihr schönen Frauenzimmer,
Darf ich, so empfehl' ich mich.
Drei Damen:
Dich empfehlen kannst du immer,
Doch bestimmt die Fürstin dich,
Mit dem Prinzen ohn' Verweilen
Nach Sarastros Burg zu eilen.
Papageno:
Nein, dafür bedank' ich mich!
Von euch selbsten hörte ich,
Daß er wie ein Tigertier.
Sicher ließ' ohn' alle Gnaden
Mich Sarastro rupfen, braten,
Setzte mich den Hunden für.
Drei Damen:
Dich schützt der Prinz, trau' ihm allein.
Dafür sollst du sein Diener sein.
Papageno:
Daß doch der Prinz beim Teufel wäre!
Mein Leben ist mir lieb;
Am Ende schleicht, bei meiner Ehre,
Er von mir wie ein Dieb.
Erste Dame (gibt Papageno ein Kätschen mit einem
Glockenspiele):
Hier, nimm dies Kleinod, es ist dein.
Papageno:
Ei, ei! Was mag darinnen sein?
Drei Damen:
Darinnen hörst du Glöckchen tönen.
Papageno:
Werd' ich sie auch wohl spielen können?
Drei Damen:
O ganz gewiß! Ja, ja, gewiß!Alle fünf:
Silberglöckchen, Zauberflöten
Sind zu eurem/unserm Schutz vonnöten.
Lebet wohl! Wir wollen gehn,
Lebet wohl, auf Wiedersehn!
Tamino:
Doch, schöne Damen, saget an -
Papageno:
Wie man die Burg wohl finden kann?
Beide:
Wie man die Burg wohl finden kann?
Drei Damen:
Drei Knäbchen, jung, schön, hold und weise,
Umschweben euch auf eurer Reise.
Sie werden eure Führer sein,
Folgt ihrem Rate ganz allein.
Tamino, Papageno:
Drei Knäbchen, jung, schön, hold und weise,
Umschweben euch auf eurer Reise.
Drei Damen:
Sie werden eure Führer sein,
Folgt ihrem Rate ganz allein.
Alle:
So lebet wohl! Wir wollen gehn,
Lebt wohl, lebt wohl, auf Wiederseh'n!
(Alle ab.)
Szene 2
Ein prächtiges ägyptisches Zimmer. Monostatos tritt auf. Pamina wird von Sklaven hereingeführt.
Sklave:
Ha, ha, ha! Unser Peiniger, der alles
belauschende Mohr, wird morgen sicherlich
gehangen oder gespießt! Pamina entfloh vor
seinen Augen. So ist der Mohr nichts mehr zu
retten, auch wenn Pamina von Sarastros
Gefolge wieder eingefangen würde.Monostatos:
He, Sklaven! Schafft Fesseln herbei!Sklave:
Fesseln? Doch nicht für Pamina? Der
unbarmherzige Teufel, wie der sie bei den
Händen faßt. Das halt ich nicht aus.6. Terzett
Monostatos:
Du feines Täubchen, nur herein!Pamina:
O welche Marter, welche Pein!Monostatos:
Verloren ist dein Leben!Pamina:
Der Tod macht mich nicht beben, Nur meine Mutter dauert mich; Sie stirbt vor Gram ganz sicherlich. Monostatos: He, Sklaven, legt ihr Fesseln an!
(Sklaven legen ihr Fesseln an.)
Mein Haß soll dich verderben!Pamina:
O laßt mich lieber sterben,
Weil nichts, Barbar, dich rühren kann!
(Sie sinkt ohnmächtig auf ein Sofa.)Monostatos:
Nun fort! Laßt mich bei ihr allein!
(Die Sklaven gehen ab. Papageno kommt.)Papageno (von außen am Fenster, ohne gleich gesehen zu werden):
Wo bin ich wohl? Wo mag ich sein?
Aha! da find' ich Leute.
Gewagt, ich geh' hinein.
(Geht herein)
Schön Mädchen, jung und rein,
Viel weißer noch als Kreide.Monostatos und Papageno (besehen sich - erschrecken einer über den andern):
Hu!
Das ist der Teufel sicherlich!
Hab' Mitleid! Verschone mich!
Hu, hu, hu!
(Laufen beide ab.)
Dialog
Pamina (spricht wie im Traum):
Mutter - Mutter - Mutter!
(Sie erholt sich, sieht sich um)
Wie? Noch schlägt dieses Herz? Zu neuen
Qualen erwacht? O, das ist hart, sehr hart! Mir bitterer, als der Tod.
Papageno (tritt ein):
Bin ich nicht ein Narr, daß ich mich schrecken ließ?
Es gibt doch auch schwarze Vögel auf der Welt,
warum denn nicht auch schwarze Menschen? - Ah, da ist ja das
schöne Fräuleinbild noch. - Du Tochter der nächtlichen
Königin -
Pamina:
Nächtlichen Königin? Wer bist du?
Papageno:
Ein Abgesandter der sternflammenden Königin.
Pamina (freudig):
Meiner Mutter? O Wonne! - Dein Name?
Papageno:
Papageno.
Pamina:
Papageno? - Papageno - ich erinnere mich, den Namen oft gehört
zu haben, dich selbst aber sah ich nie.
Papageno:
Ich dich ebensowenig.
Pamina:
Du kennst also meine gute, zärtliche Mutter?
Papageno:
Wenn du die Tochter der nächtlichen Königin bist - ja!
Pamina:
O ich bin es.
Papageno:
Das will ich gleich erkennen.
(Er sieht das Portrait an.)
Die Augen schwarz - richtig, schwarz.
Die Lippen rot - richtig, rot.
Blonde Haare - blonde Haare.
Alles trifft ein, bis auf Hände und Füße.
Nach dem Gemälde zu schließen,
sollst du weder Hände noch Füße haben;
denn hier sind keine angezegt.
Pamina:
Erlaube mir - Ja, ich bin's! Wie kam es in deine Hände?
Papageno:
Ich muß dir das umständlicher erzählen. Ich
kam heute früh, wie gewöhnlich, zu deiner Mutter Palast
mit meiner Lieferung -
Pamina:
Lieferung?
Papageno:
Ja, ich liefere deiner Mutter schon seit vielen Jahren alle die
schönen Vögel in den Palast. Ja, und eben, als ich im
Begriffe war, meine Vögel abzugeben, da seh ich einen Menschen
vor mir, der sich Prinz nennen läßt, und dieser Prinz hat
deine Mutter so von sich eingenommen, daß sie ihm dein Bildnis
schenkte und ihm befahl, dich zu befreien. Sein Entschluß, der
war ebenso rasch, als seine Liebe zu dir.
Pamina:
Liebe?
(freudig)
Er liebt mich also? O. sage mir das noch einmal,
ich höre das Wort Liebe gar zu gerne.
Papageno:
Das glaube ich dir. Bist ja auch ein Fräuleinbild - Kurz also,
diese große Liebe zu dir war der Peitschenstreich, um unsre
Füße im schnellen Gang zu bringen, und nun sind wir hier,
dir tausend schöne und angenehme Sachen zu sagen.
Pamina:
Freund, wenn Sarastro dich hier erblicken sollte, dann -
Papageno:
So würde mir meine Rückreise erspart blieben - das kann ich
mir denken.
Pamina:
Dein martervoller Tod würde ohne Grenzen sein.
Papageno:
Um diesem auszuweichen, gehn wir lieber beizeiten.
Pamina:
Wir haben keine Minute zu versäumen.
Papageno:
Ja, komm, du wirst Augen machen, wenn du den schönen
Jüngling erblickst.
(Sie gehen, Pamina kehrt um)
Pamina:
Aber wenn dies ein Fallstrick wäre - wenn dieser nun ein
böser Geist von Sarastros Gefolge wäre?
(Sieht ihn bedenklich an)
Papageno:
Was? Ich ein böser Geist? Wo denkst du hin? Ich
bin der beste Geist von der Welt.
Pamina:
Vergib, vergib, wenn ich dich beleidigte! Du hast ein
gefühlvolles Herz.
Papageno:
Ja, freilich habe ich ein gefühlvolles Herz! Aber was nutzt mir
denn das alles? - Ich möcht' mir doch oft alle meine Federn
ausrupfen, wenn ich bedenk', daß Papageno noch keine Papagena
hat.
Pamina:
Armer Mann! Du hast also noch kein Weib?
Papageno:
Noch nicht einmal ein Mädchen, geschweige denn
ein Weib! Und unsereiner hat eben auch so seine
lustigen Stunden, wo man so richtig so gesellschaftliche Unterhaltung
haben möcht'.
Pamina:
Geduld, Freund! Der Himmel wird auch für dich
sorgen; er wird dir eine Freundin schicken, ehe du dir's
vermutest.
Papageno:
Wenn er's nur bald schickte.
7. Duett
Pamina:
Bei Männern, welche Liebe fühlen,
Fehlt auch ein gutes Herze nicht.
Papageno:
Die süßen Triebe mitzufühlen,
Ist dann der Weiber erste Pflicht.
Beide:
Wir wollen uns der Liebe freun,
Wir leben durch die Lieb' allein.
Pamina:
Die Lieb' versüßet jede Plage,
Ihr opfert jede Kreatur.
Papageno:
Sie würzet unsre Lebenstage,
Sie wirkt im Kreise der Natur.
Beide:
Ihr hoher Zweck zeigt deutlich an,
Nichts Edler's sei, als Weib und Mann.
Mann und Weib, und Weib und Mann
Reichen an die Gottheit an.
(Beide ab.)
Das Theater verwandelt sich in einen Hain. Ganz im Hintergrunde der
Bühne ist ein schöner Tempel, worauf diese Worte stehen:
Tempel der Weisheit. Dieser Tempel führt mit Säulen zu zwei
anderen Tempeln, rechts auf dem einen steht: Tempel der Vernunft. Links
steht: Tempel der Natur.
Drei Knaben führen Tamino herein.
8. Finale
Drei Knaben:
Zum Ziele führt dich diese Bahn,
Doch mußt du, Jüngling, männlich siegen.
Drum höre unsre Lehre an:
Sei standhaft, duldsam und verschwiegen!
Tamino:
Ihr holden Kleinen, sagt mir an,
Ob ich Pamina retten kann?
Drei Knaben:
Dies kundzutun, steht uns nicht an:
Sei standhaft, duldsam und verschwiegen!
Bedenke dies; kurz, sei ein Mann,
Dann, Jüngling, wirst du männlich siegen.
(Gehen ab.)
Tamino:
Die Weisheitslehre dieser Knaben
Sei ewig mir ins Herz gegraben.
Wo bin ich nun? Was wird mit mir?
Ist dies der Sitz der Götter hier?
Doch zeigen die Pforten, es zeigen die Säulen,
Daß Klugheit und Arbeit und Künste hier weilen.
Wo Tätigkeit thronet und Müßiggang weicht.
Erhält seine Herrschaft das Laster nicht leicht.
Ich wage mich mutig zur Pforte hinein,
Die Absicht ist edel und lauter und rein.
Erzitt're, feiger Bösewicht!
Pamina retten ist mir Pflicht.
(Er geht an die Pforte zur rechten Seite, macht sie auf, und als er
hinein will, hört man unfern Stimmen)
Stimmen:
Zurück!
Tamino:
Zurück? Zurück? So wag' ich hier mein Glück!
(Er geht zur linken Pforte. Stimmen von innen.)
Stimmen:
Zurück!
Tamino:
Auch hier ruft man: Zurück!
(Sieht sich um)
Da seh' ich noch eine Tür,
Vielleicht find' ich den Eingang hier.
(Er klopft an der mittleren Pforte, der Sprecher
erscheint.)
Der Sprecher:
Wo willst du, kühner Fremdling, hin?
Was suchst du hier im Heiligtum?
Tamino:
Der Lieb' und Tugend Eigentum.
Der Sprecher:
Die Worte sind von hohem Sinn!
Allein wie willst du diese finden?
Dich leitet Lieb' und Tugend nicht,
Weil Tod und Rache dich entzünden.
Tamino:
Nur Rache für den Bösewicht.
Der Sprecher:
Den wirst du wohl bei uns nicht finden.
Tamino:
Sarastro herrscht in diesen Gründen?
Der Sprecher:
Ja, ja! Sarastro herrschet hier.
Tamino:
Doch in dem Weisheitstempel nicht?
Der Sprecher:
Er herrscht im Weisheitstempel hier!
Tamino:
So ist denn alles Heuchelei!
(will gehen)
Der Sprecher:
Willst du schon wieder gehn?
Tamino:
Ja, ich will gehen, froh und frei,
Nie euren Tempel seh'n!
Der Sprecher:
Erklär dich näher mir,
Dich täuschet ein Betrug.
Tamino:
Sarastro wohnet hier,
Das ist mir schon genug!
Der Sprecher:
Wenn du dein Leben liebst,
So rede, bleibe da!
Sarastro hassest du?
Tamino:
Ich haß ihn ewig, ja!
Der Sprecher:
Nun gib mir deine Gründe an.
Tamino:
Er ist ein Unmensch, ein Tyrann!
Der Sprecher:
Ist das, was du gesagt, erwiesen?
Tamino:
Durch ein unglücklich Weib bewiesen,
Das Gram und Jammer niederdrückt.
Der Sprecher:
Ein Weib hat also dich berückt?
Ein Weib tut wenig, plaudert viel.
Du, Jüngling, glaubst dem Zungenspiel?
O legte doch Sarastro dir
Die Absicht seiner Handlung für!
Tamino:
Die Absicht ist nur allzu klar!
Riß nicht der Räuber ohn' Erbarmen,
Pamina aus der Mutter Armen?
Der Sprecher:
Ja, Jüngling, was du sagst, ist wahr.
Tamino:
Wo ist sie, die er uns geraubt?
Man opferte vielleicht sie schon?
Der Sprecher:
Dir dies zu sagen, teurer Sohn,
Ist jetztund mir noch nicht erlaubt.
Tamino:
Erklär dies Rätsel, täusch' mich nicht!
Der Sprecher:
Die Zunge bindet Eid und Pflicht.
Tamino:
Wann also wird die Decke schwinden?
Der Sprecher:
Sobald dich führt der Freundschaft Hand
In's Heiligtum zum ew'gen Band.
(Geht ab.)
Tamino (allein):
O ew'ge Nacht! Wann wirst du schwinden?
Wann wird das Licht mein Auge finden?
Stimmen:
Bald, Jüngling, oder nie!
Tamino:
Bald, sagt ihr, oder nie?
Ihr Unsichtbaren, saget mir,
Lebt denn Pamina noch?
Stimmen:
Pamina lebet noch!
Tamino (freudig):
Sie lebt! Ich danke euch dafür.
(Er nimmt seine Flöte heraus)
O wenn ich doch imstande wäre,
Allmächtige, zu eurer Ehre.
Mit jedem Tone meinen Dank
Zu schildern, wie er hier, entsprang.
(Aufs Herz deutend. Er spielt, sogleich kommen Tiere von allen
Arten hervor, ihm zuzuhören. Er hört auf, und sie
fliehen. Die Vögel pfeifen dazu.)
Wie stark ist nicht dein Zauberton,
Weil, holde Flöte, durch dein Spielen
Selbst wilde Tiere Freude fühlen.
Doch Pamina, nur Pamina bleibt davon!
(Er spielt)
Pamina! Pamina! Höre, höre mich!
Umsonst!
(Er spielt)
Wo? Ach, wo find' ich dich?
(Er spielt, Papageno antwortet von innen mit seinem
Flötchen.)
Ha, das ist Papagenos Ton!
(Er spielt. Papageno antwortet)
Vielleicht sah er Pamina schon,
Vielleicht eilt sie mit ihm zu mir!
Vielleicht führt mich der Ton zu ihr.
(Er eilt ab. Papageno und Pamina eilen herbei.)
Pamina, Papageno:
Schnelle Füße, rascher Mut
Schützt vor Feindes List und Wut.
Fänden wir Tamino doch,
Sonst erwischen sie uns noch.
Pamina:
Holder Jüngling!
Papageno:
Stille, stille, ich kann's besser!
(Pfeift.)
Beide:
Welche Freude ist wohl größer?
Freund Tamino hört uns schon;
Hierher kam der Flötenton.
Welch ein Glück, wenn ich ihn finde.
Nur geschwinde! Nur geschwinde!
(Wollen hineingehen. Monostatos tritt auf.)
Monostatos (ihrer spottend):
Nur geschwinde! Nur geschwinde!
Ha, hab' ich euch noch erwischt?
Nur herbei mit Stahl und Eisen;
Wart', ich will euch Mores weisen.
Den Monostatos berücken!
Nur herbei mit Band und Stricken,
He, ihr Sklaven, kommt herbei!
(Sklaven kommen, mit Fesseln.)
Pamina, Papageno:
Ach, nun ist's mit uns vorbei!
Monostatos:
He, ihr Sklaven, kommt herbei!
Papageno:
Wer viel wagt, gewinnt oft viel!
Komm, du schönes Glockenspiel,
Laß die Glöckchen klingen, klingen,
Daß die Ohren ihnen singen.
(Er spielt auf seinem Glockenspiel. Sogleich tanzen und singen
Monostatos und die Sklaven.)
Monostatos, Sklaven:
Das klinget so herrlich,
Das klinget so schön!
Larala la la larala la la larala!
Nie hab' ich so etwas
Gehört und geseh'n!
Larala la la larala la la larala!
(Sie gehen tanzend ab)
Pamina, Papageno:
Könnte jeder brave Mann
Solche Glöckchen finden!
Seine Feinde würden dann
Ohne Mühe schwinden,
Und er lebte ohne sie
In der besten Harmonie!
Nur der Freundschaft Harmonie
Mildert die Beschwerden;
Ohne diese Sympathie
Ist kein Glück auf Erden.
(Ein starker Marsch mit Trompeten und Pauken fällt ein)
Chor (von innen):
Es lebe Sarastro! Sarastro lebe!
Papageno:
Was soll das bedeuten? Ich zittre, ich bebe!
Pamina:
O Freund, nun ist's um uns getan,
Dies kündigt den Sarastro an!
Papageno:
O wär ich eine Maus,
Wie wollt' ich mich verstecken!
Wär ich so klein wie Schnecken,
So kröch' ich in mein Haus!
Mein Kind, was werden wir nun sprechen?
Pamina:
Die Wahrheit! Die Wahrheit,
Sei sie auch Verbrechen.
(Zug von Gefolge; zuletzt fährt Sarastro auf einem
Triumphwagen heraus, der von sechs Löwen gezogen wird.)
Chor:
Es lebe Sarastro! Sarastro soll leben!
Er ist es, dem wir uns mit Freuden ergeben!
Stets mög' er des Lebens als Weiser sich freun,
Er ist unser Abgott, dem alle sich weihn.
Pamina (kniet):
Herr, ich bin zwar Verbrecherin,
Ich wollte deiner Macht entfliehn,
Allein die Schuld ist nicht an mir -
Der böse Mohr verlangte Liebe;
Darum, o Herr, entfloh ich dir.
Sarastro:
Steh auf, erheitre dich, o Liebe!
Denn ohne erst in dich zu dringen,
Weiß ich von deinem Herzen mehr:
Du liebest einen andern sehr.
Zur Liebe will ich dich nicht zwingen,
Doch geb' ich dir die Freiheit nicht.
Pamina:
Mich rufet ja die Kindespflicht,
Denn meine Mutter -
Sarastro:
Steht in meiner Macht.
Du würdest um dein Glück gebracht,
Wenn ich dich ihren Händen ließe.
Pamina:
Mir klingt der Muttername süße;
Sie ist es
Sarastro:
Und ein stolzes Weib!
Ein Mann muß eure Herzen leiten,
Denn ohne ihn pflegt jedes Weib
Aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten.
(Monostatos führt Tamino herein.)
Monostatos:
Nun stolzer Jüngling, nur hierher!
Hier ist Sarastro, unser Herr.
Pamina (sieht Tamino):
Er ist's!
Tamino (sieht Pamina):
Sie ist's!
Pamina:
Ich glaub' es kaum!
Tamino:
Sie ist's!
Pamina:
Er ist's!
Tamino:
Es ist kein Traum!
Pamina:
Es schling' mein Arm sich um ihn her!
Tamino:
Es schling' mein Arm sich um sie her!
Beide:
Und wenn es auch mein Ende wär!
(Sie umarmen sich.)
Alle:
Was soll das heißen?
Monostatos:
Welch eine Dreistigkeit!
Gleich auseinander! Das geht zu weit!
(Er trennt sie; kniet dann vor Sarastro nieder.)
Dein Sklave liegt zu deinen Füßen,
Laß den verwegnen Frevler büßen!
Bedenk, wie frech der Knabe ist:
Durch dieses seltnen Vogels List
Wollt er Pamina dir entführen.
Allein ich wußt' ihn auszuspüren.
Du kennst mich! Meine Wachsamkeit-
Sarastro:
Verdient, daß man ihr Lorbeer streut!
He, gebt dem Ehrenmann sogleich -
Monostatos:
Schon deine Gnade macht mich reich.
Sarastro:
Nur siebenundsiebenzig Sohlenstreich!
Monostatos:
Ach Herr, den Lohn verhofft' ich nicht!
Sarastro:
Nicht Dank, es ist ja meine Pflicht!
(Monostatos wird abgeführt)
Alle:
Es lebe Sarastro, der göttliche Weise!
Er lohnet und strafet in ähnlichem Kreise.
Sarastro:
Führt diese beiden Fremdlinge
In unsern Prüfungstempel ein;
Bedecket ihre Häupter dann,
Sie müssen erst gereinigt sein.
(Der Sprecher und zwei Priester bringen eine Art Sack und bedecken
die Häupter der beiden Fremden)
Schlußchor:
Wenn Tugend und Gerechtigkeit
Den großen Pfad mit Ruhm bestreut,
Dann ist die Erd' ein Himmelreich,
Und Sterbliche den Göttern gleich.
Zweiter Aufzug
Szene 1
Das Theater is ein Palmenwald, alle Bäume sind silberartig,
die Blätter von Gold, 18 Sitze von Blättern. Auf einem jeden
Sitze steht eine Pyramide und ein großes, schwarzes Horn mit
Gold gefaßt. In der Mitte die größte Pyramide, auch die größten Bäume.
(Sarastro nebst anderen Priestern kommen in feierlichen
Schritten, jeder mit einem Palmenzweig in der Hand. Ein Marsch mit
Blasinstrumenten begleitet den Zug.)
9. Marsch der Priester
Sarastro (nach einer Pause):
Ihr, in dem Weisheitstempel eingeweihten
Diener der großen Götter Osiris und Isis! Mit
reiner Seele erklär' ich euch, daß unsre heutige
Versammlung eine der wichtigsten unsrer Zeit ist. Tamino, ein
Königssohn, will ins Heiligtum des größten Lichtes
blicken. Diesen Tugendhaften zu bewachten, ihm freundschaftlich die
Hand zu bieten, sei heute eine unsrer wichtigsten Pflichten.
Erster Priester (steht auf):
Er besitzt Tugend?
Sarastro:
Tugend!
Zweiter Priester:
Auch Verschwiegenheit?
Sarastro:
Verschwiegenheit!
Dritter Priester:
Ist wohltätig?
Sarastro:
Wohltätig! Haltet ihr ihn für würdig, so folgt meinem Beispiele.
(Sie blasen dreimal in die Hörner.)
Gerührt über die Einigkeit eurer Herzen, dankt Sarastro
euch im Namen der Menschheit. Mag immer das Vorurteil seinen Tadel
über uns Eingeweihte auslassen! Jedoch, das böse Vorurteil
soll schwinden; und es wird schwinden, sobald Tamino selbst die
Größe unserer schweren Kunst besitzen wird. Pamina haben
die Götter dem holden Jüngling bestimmt; dies ist der Grund,
warum ich sie der stolzen Mutter entriß. Das Weib dünkt
sich groß zu sein; hofft durch Blendwerk und Aberglauben das
Volk zu berücken und unsern festen Tempelblau zu zerstören. Allein, das soll sie nicht. Tamino, der holde
Jüngling, soll ihn mit uns befestigen und als Eingeweihter der
Tugend Lohn, dem Laster aber Strafe sein.
(Der dreimalige Akkord in den Hörnern wird von allen wiederholt.)
Sprecher:
Großer Sarastro, wird Tamino auch die harten Prüfungen,
die seiner warten, bekämpfen? - Verzeih, daß ich so frei
bin, dir meinen Zweifel zu eröffnen! Mich bangt es um den
Jüngling - Er ist Prinz!
Sarastro:
Noch mehr! Er ist Mensch!
Sprecher:
Wenn er nur aber in seiner frühen Jugend leblos erblaßte?
Sarastro:
Dann ist er Osiris und Isis gegeben und wird der Götter Freuden
früher fühlen als wir.
(Der dreimalige Akkord wird wiederholt).
Man führe Tamino mit seinem Reisegefährten in den Vorhof
des Tempels ein.
10. Arie mit Chor
Sarastro:
O Isis und Osiris, schenket
Der Weisheit Geist dem neuen Paar!
Die ihr der Wand'rer Schritte lenket.
Stärkt mit Geduld sie in Gefahr.
Chor:
Stärkt mit Geduld sie in Gefahr!
Sarastro:
Laßt sie der Prüfung Früchte sehen;
Doch sollten sie zu Grabe gehen,
So lohnt der Tugend kühnen Lauf,
Nehmt sie in euren Wohnsitz auf.
Chor:
Nehmt sie in euren Wohnsitz auf.
(Sarastro geht voraus, dann alle ihm nach - ab.)
Szene 2
Nacht. Der Donner rollt von weitem. Das Theater verwandelt sich in
einen kurzen Vorhof des Tempels, wo man Reste von eingefallenen
Säulen und Pyramiden sieht, nebst einigen Dornbüschen. An
beiden Seiten stehen praktikable hohe, altägyptische Türen,
welche mehr Seitengebäude vorstellen.
(Tamino und Papageno werden vom Sprecher und dem andern
Priester hereingeführt. Die Priester lösen ihnen die
Säcke ab und entfernen sich damit.)
Dialog
Tamino:
Eine schreckliche Nacht! - Papageno, bist du noch bei mir?
Papageno:
Ja, freilich!
Tamino:
Wo denkst du, dass wir uns nun befinden?
Papageno:
Wo? Ja, wenn's nicht so finster wär, wollt' ich
dir das schon sagen, aber so...
Oh!
(Donnerschlag.)
O weh!
Tamino:
Was ist's?
Papageno:
Mir wird nicht wohl bei der Sache! Ich glaube, ich bekomme ein
kleines Fieber.
Tamino:
Pfui, Papageno! Sei ein Mann!
Papageno:
Aber ich wollt', ich wär ein Mädchen!
(Ein sehr starker Donnerschlag.)
O! o! o! Das ist mein letzter Augenblick!
(Der Sprecher und der Zweite Priester erscheinen mit Fackeln.)
Sprecher:
Ihr Fremdlinge, was sucht oder fordert ihr von uns? Was treibt euch
an, in unsere Mauern zu dringen?
Tamino:
Freundschaft und Liebe.
Sprecher:
Bist du bereit, sie mit deinem Leben zu erkämpfen?
Tamino:
Ja!
Sprecher:
Prinz, noch ist's Zeit zu weichen - einen Schritt weiter, und es ist
zu spät.
Tamino:
Weisheitslehre sei mein Sieg; Pamina, das holde Mädchen, mein
Lohn!
Sprecher:
Du unterziehst dich jeder Prüfung dich?
Tamino:
Jeder!
Sprecher:
Reiche deine Hand mir!
(Sie reichen sich die Hände)
Zweiter Priester (zu Papageno):
Willst auch du dir Weisheitsliebe erkämpfen?
Papageno:
Kämpfen ist meine Sache nicht. Ich verlang ja im Grunde auch gar
keine Weisheit. Ich bin so ein Naturmensch, der sich mit Schlaf,
Speise und Trank zufriedengibt. Und wenn es einmal sein könnte,
daß ich mir ein hübsches Weibchen fange...
Zweiter Priester:
Die wirst du nie erhalten, wenn du dich nicht unseren Prüfungen
unterziehst.
Papageno:
Und worin bestehen diese Prüfungen?
Zweiter Priester:
Dich allen unseren Gesetzen zu unterwerfen, selbst den Tod nicht zu scheuen.
Papageno:
Ich bleibe ledig!
Zweiter Priester:
Aber wenn du dir ein tugenhaftes, schönes Mädchen erwerben
könntest?
Papageno:
Ich bleibe ledig!
Zweiter Priester:
Wenn nun aber Sarastro dir ein Mädchen aufbewahrt hätte,
das an Farbe und Kleidung dir ganz gleich wäre?
Papageno:
Mir ganz gleich? Ist sie jung?
Zweiter Priester:
Jung und schön!
Papageno:
Und heißt?
Zweiter Priester:
Papagena.
Papageno:
Wie? Papa-
Zweiter Priester:
Papagena.
Papageno:
Papagen? - Haha, die möcht ich aus bloßer Neugierde
schon sehen.
Zweiter Priester:
Sehen kannst du sie!
Papageno:
Aber wenn ich sie gesehen habe, hernach muß ich sterben?
Zweiter Priester:
Hmmmmmm...
(Macht eine zweideutige Pantomime.)
Papageno:
- Ich bleibe ledig!
Zweiter Priester:
Sehen kannst du sie, aber bis zur verlaufenen Zeit kein Wort mit ihr
sprechen; wird dein Geist so viel Standhaftigkeit besitzen, deine
Zunge in Schranken zu halten?
Papageno:
O ja!
Zweiter Priester:
Deine Hand! Du sollst sie sehen.
Sprecher (zu Tamino):
Auch dir, Prinz, legen die Götter ein heilsames Stillschweigen
auf; ohne dieses seid ihr beide verloren. Du wirst Pamina sehen, aber
nie sie sprechen dürfen; dies ist der Anfang eurer
Prüfungszeit.
11. Duett
Beide Priester:
Bewahret euch vor Weibertücken:
Dies ist des Bundes erste Pflicht.
Manch weiser Mann ließ sich berücken,
Er fehlte und versah sich's nicht.
Verlassen sah er sich am Ende,
Vergolten seine Treu' mit Hohn.
Vergebens rang er seine Hände,
Tod und Verzweiflung war sein Lohn.
(Beide Priester ab. Plötzlich ist es dunkel.)
Dialog
Papageno:
He, Lichter her! Lichter her! - Das ist doch wunderlich, so oft einen
die Herrn verlassen, sieht man mit offenen Augen nichts.
Tamino:
Ertrag es mit Geduld, und denke, es ist der Götter Wille.
(Die Drei Damen kommen aus der Versenkung.)
12. Quintett
Drei Damen:
Wie, wie, wie?
Ihr an diesem Schreckensort?
Nie, nie, nie
Kommt ihr wieder glücklich fort!
Tamino, dir ist Tod geschworen!
Du, Papageno, bist verloren!
Papageno:
Nein, nein, das wär' zu viel.
Tamino:
Papageno, schweige still!
Willst du dein Gelübde brechen,
Nicht mit Weibern hier zu sprechen?
Papageno:
Du hörst ja, wir sind beide hin.
Tamino:
Stille, sag ich, schweige still!
Papageno:
Immer still, und immer still!
Drei Damen:
Ganz nah' ist euch die Königin!
Sie drang im Tempel heimlich ein.
Papageno:
Wie? Was? Sie soll im Tempel sein?
Tamino:
Stille, sag' ich, schweige still!
Wirst du immer so vermessen
Deiner Eidespflicht vergessen?
Drei Damen:
Tamino, hör'! Du bist verloren!
Gedenke an die Königin!
Man zischelt viel sich in die Ohren
Von dieser Priester falschem Sinn.
Tamino (für sich):
Ein Weiser prüft und achtet nicht,
Was der gemeine Pöbel spricht.
Drei Damen:
Man zischelt viel sich in die Ohren
Von dieser Priester falschem Sinn.
Man sagt, wer ihrem Bunde schwört,
Der fährt zur Höll' mit Haut und Haar.
Papageno:
Das wär', beim Teufel, unerhört!
Sag' an, Tamino, ist das wahr?
Tamino:
Geschwätz, von Weibern nachgesagt,
Von Heuchlern aber ausgedacht.
Papageno:
Doch sagt es auch die Königin.
Tamino:
Sie ist ein Weib, hat Weibersinn.
Sei still, mein Wort sei dir genug:
Denk' deiner Pflicht und handle klug.
Drei Damen (zu Tamino):
Warum bist du mit uns so spröde?
(Tamino deutet bescheiden, daß er nicht sprechen
darf.)
Auch Papageno schweigt - so rede!
Papageno:
Ich möchte gerne - woll...
Tamino:
Still!
Papageno:
Ihr seht, daß ich nicht kann das Plaudern lassen,
Ist wahrlich eine Schand' für mich!
Tamino:
Daß du nicht kannst das Plaudern lassen,
Ist wahrlich eine Schand' für dich!
Alle fünf:
Wir/Sie müßen sie/uns mit Scham verlassen,
Es plaudert keiner sicherlich.
Von festem Geiste ist ein Mann,
Er denket, was er sprechen kann.
(Die Drei Damen wollen gehen, die Eingeweihten rufen von innen.)
Priester:
Entweiht ist die heilige Schwelle!
Hinab mit den Weibern zur Hölle!
(Ein schrecklicher Akkord mit allen Instrumenten, Donner, Blitz und
Schlag, zugleich zwei starke Donner.)
Drei Damen:
O weh! O weh! O weh!
(Sie stürzen in die Versenkung.)
Papageno (fällt vor Schrecken zu Boden):
O weh, o weh, o weh!
(Der Sprecher und Priester treten mit Fackeln ein.)
Dialog
Sprecher:
Jüngling! Dein standhaft männliches Betragen hat
gesiegt. Wir wollen also mit reinem Herzen unsere Wanderschaft
weiter fortsetzen.
(Er gibt ihm den Sack um.)
So! Nun komm!
(Er geht mit Tamino ab.)
Zweiter Priester:
Was seh ich, Freund! Stehe auf! Wie ist dir?
Papageno:
Ich lieg' in einer Ohnmacht!
Zweiter Priester:
Auf! Sammle dich, und sei ein Mann!
Papageno (steht auf):
Aber sagt mir nur, meine lieben Herren, warum muß ich denn alle
diese Qualen und Schrecken empfinden? Wenn mir ja die Götter
eine Papagena bestimmten, warum denn mit so viel Gefahren sie
erringen?
Zweiter Priester:
Diese neugierige Frage mag deine Vernunft dir beantworten. Komm!
Meine Pflicht ist allein, dich weiterzuführen.
(Er gibt ihm den Sack um.)
Papageno:
Bei so einer ewigen Wanderschaft, da möcht' einem wohl die Liebe
auf immer vergehen.
(Der Zweiter Priester geht mit ihm ab.)
Szene 3
Das Theater verwandelt sich in einen angenehmen Garten; Bäume,
die nach Art eines Hufeisens gesetzt sind; in der Mitte steht eine
Laube von Blumen und Rosen, worin Pamina schläft. Der Mond
beleuchtet ihr Gesicht. Ganz vor steht eine Rasenbank.
(Monostatos kommt, setzt sich nach einer Pause.)
Monostatos:
Ha, da find' ich ja die spröde Schöne! Welcher
Mensch würde bei so einem Anblick kalt und unempfindlich
bleiben? Das Feuer, das in mir glimmt, wird mich noch
verzehren! Wenn ich wüßte - daß ich so ganz allein
und unbelauscht wäre - ich wagte es noch einmal.
(Er macht sich Wind mit beiden Händen.)
Das Mädchen wird noch um meinen Verstand mich bringen.
(Er sieht sich allenthalben um.)
Es ist doch eine verdammte närrische Sache um die Liebe! Ein
Küßchen, dächte ich, ließe sich entschuldigen.
13. Arie
Monostatos:
Alles fühlt der Liebe Freuden,
Schnäbelt, tändelt, herzt und küßt;
Und ich sollt' die Liebe meiden,
Weil ein Schwarzer häßlich ist!
Ist mir denn kein Herz gegeben?
Bin ich nicht von Fleisch und Blut?
Immer ohne Weibchen leben,
Wäre wahrlich Höllenglut!
Drum so will ich, weil ich lebe,
Schnäbeln, küssen, zärtlich sein!
Lieber guter Mond, vergebe,
Eine Weiße nahm mich ein.
Weiß ist schön! Ich muß sie küssen;
Mond, verstecke dich dazu!
Sollt' es dich zu sehr verdrießen,
O so mach' die Augen zu!
(Er schleicht langsam und leise hin. Die Königin der
Nacht kommt unter Donner aus der mittleren Versenkung, und
so, daß sie gerade vor Pamina zu stehen kommt.)
Dialog
Königin:
Zurücke!
Pamina (erwacht):
Ihr Götter!
Monostatos (prallt zurück):
O weh! Das ist - die Göttin der Nacht!
(steht ganz still)
Pamina:
Mutter!
(Sie fällt ihr in die Arme).
Monostatos:
Mutter? Hm, das muß man von weitem belauschen.
(Er schleicht ab.)
Königin:
Wo ist der Jüngling, den ich an dich sandte?
Pamina:
Er hat sich den Eingeweihten gewidmet.
Königin:
Unglückliche Tochter, nun bist du auf ewig mir entrissen.
Pamina:
Entrissen? O fliehen wir, liebe Mutter! Unter deinem Schutz trotz'
ich jeder Gefahr.
Königin:
Schutz? Liebes Kind, deine Mutter kann dich nicht mehr
schützen. Mit deines Vaters Tod ging meine Macht zu
Grabe. Übergab freiwillig den siebenfachen Sonnenkreis den
Eingeweihten; diesen mächtigen Sonnenkreis trägt Sarastro
auf seiner Brust.
(zieht einen Dolch hervor)
Du wirst ihn töten und den mächtigen Sonnenkreis mir
überliefern.
(Sie dringt ihr den Dolch auf.)
Pamina:
Aber, liebste Mutter! -
Königin:
Kein Wort!
14. Arie
Königin:
Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen,
Tod und Verzweiflung flammet um mich her!
Fühlt nicht durch dich Sarastro Todesschmerzen,
So bist du meine Tochter nimmermehr.
Verstoßen sei auf ewig, verlassen sei auf ewig.
Zertrümmert sei'n auf ewig alle Bande der Natur,
Wenn nicht durch dich Sarastro wird erblassen!
Hört, Rachegötter, hört der Mutter Schwur!
(Sie versinkt mitten in Donner und Blitz.)
Pamina (mit dem Dolch in der Hand):
Morden soll ich? - Götter, das kann ich nicht!
Götter, was soll ich tun?
Monostatos (kommt schnell, heimlich und freudig):
Dich mir anvertrauen.
Pamina:
Ha!
Monostatos:
Warum zitterst du? Vor meiner schwarzen Farbe, oder vor dem
ausgedachten Mord?
Pamina (schüchtern):
Du weißt also? -
Monostatos:
Alles. - Du hast also nur einen Weg, dich und deine Mutter zu retten.
Pamina:
Der wäre?
Monostatos:
Mich zu lieben! Ja oder nein?
Pamina (entschlossen):
Nein!
Monostatos (voll Zorn):
Nein? Liebe oder Tod!
Pamina (entschlossen):
Nie!
(Sarastro tritt auf.)
Monostatos (erhebt den Dolch):
So fahre denn hin!
Sarastro (hält ihn schnell ab):
Monostatos!
Monostatos:
Herr, man hat deinen Tod geschworen, darum wollt' ich dich
rächen.
Sarastro:
Ich weiß nur allzuviel. Ich weiß, daß deine Seele
ebenso schwarz als dein Gesicht ist. Geh!
Monostatos (im Abgehen):
Jetzt such' ich die Mutter auf, weil mir die Tochter nicht beschieden
ist.
(Geht ab.)
Pamina:
Herr, strafe meine Mutter nicht! Der Schmerz über meine
Abwesenheit...
Sarastro:
Ich weiß alles. - Weiß, daß sie in unterirdischen
Gemächern des Tempels herumirrt und Rache über mich und die
Menschheit kocht; allein, du sollst sehen, wie ich mich an deiner
Mutter räche.
15. Arie
Sarastro:
In diesen heil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht,
Und ist ein Mensch gefallen,
Führt Liebe ihn zur Pflicht.
Dann wandelt er an Freundes Hand
Vergnügt und froh in's bess're Land.
In diesen heil'gen Mauern,
Wo Mensch den Menschen liebt,
Kann kein Verräter lauern,
Weil man dem Feind vergibt.
Wen solche Lehren nicht erfreun,
Verdienet nicht ein Mensch zu sein.
(Gehen beide ab.)
Szene 4
Das Theater verwandelt sich in eine Halle, wo das Flugwerk gehen
kann. Das Flugwerk ist mit Rosen und Blumen umgeben, wo sich sodann
eine Türe öffnet. Ganz vorne sind zwei Rasenbänke.
(Tamino und Papageno werden ohne Säcke von den zwei
Priestern hereingeführt.)
Dialog
Sprecher:
Hier seid ihr euch beide allein überlassen. Sobald die Posaune
tönt, dann nehmt ihr euren Weg dahin. Prinz, lebt wohl! Noch
einmal, vergeßt das Wort nicht: Schweigen.
(Geht ab.)
Zweiter Priester:
Papageno, wer an diesem Ort sein Stillschweigen bricht, den strafen
die Götter durch Donner und Blitz. Leb wohl!
(Geht ab.)
(Tamino setzt sich auf eine Rasenbank.)
Papageno (nach einer Pause):
Tamino!
Tamino (verweisend):
St!
Papageno:
Das ist ein lustiges Leben! Wär' ich lieber in meiner
Strohhütte, oder im Wald, da hör ich doch noch manchmal
einen Vogel pfeifen.
Tamino (verweisend):
St!
Papageno:
Also, mit mir selber werd ich ja vielleicht noch reden dürfen;
und auch wir zwei, wir können miteinander sprechen, wir sind ja
Männer. La la la-la la la!
Tamino (verweisend):
St!
Papageno (pfeift):
Nicht einmal einen Tropfen Wasser bekommt man bei diesen Leuten; viel
weniger sonst was.
(Ein altes häßliches Weib kommt aus der Versenkung, hält auf einer Tasse einen großen Becher Wasser.)
Papageno (sieht sie lang an):
Ist das für mich?
Altes Weib:
Ja, mein Engel!
Papageno (sieht sie wieder an, trinkt):
Wasser! Nicht mehr und nicht weniger als Wasser. - Sag du mir, du
unbekannte Schöne, werden alle fremden Gäste auf diese Art bewirtet?
Altes Weib:
Freilich, mein Engel!
Papageno:
So, so! - Auf diese Art werden die Fremden auch nicht gar zu
häufig kommen.
Altes Weib:
Sehr wenig.
Papageno:
Das kann ich mir denken. Geh, komm, Alte, setze dich ein bisser! her
zu mir, mir ist die Zeit verdammt lang. Sag du mir, wie alt bist denn du?
Altes Weib:
Wie alt?
Papageno:
Ja!
Altes Weib:
Achtzehn Jahr und zwei Minuten.
Papageno:
Achtzig Jahr?
Papageno:
Achtzehn Jahr und zwei Minuten?
Altes Weib:
Ja!
Papageno:
Ha ha ha! - Ei, du junger Engel! Sag mal, hast du auch einen
Geliebten?
Altes Weib:
Ei, freilich, mein Engel!
Papageno:
Ist er auch so jung wie du?
Altes Weib:
Nicht gar, er ist um zehn Jahre älter.
Papageno:
Was, um zehn Jahre ist der noch älter als du? Das muß
ja eine feurige Liebe sein! Und wie nennt sich denn dein Liebhaber?
Altes Weib:
Papageno!
Papageno:
Papageno? Wo ist er denn, dieser Papageno?
Altes Weib:
Da sitzt er, mein Engel!
Papageno:
Was, ich wär dein Geliebter?
Altes Weib:
Ja, mein Engel!
Papageno (nimmt schnell das Wasser und spritzt sie ins
Gesicht):
Sag du mir, wie heißt du denn?
Altes Weib:
Ich heiße -
(Die Alte hinkt schnell ab)
Papageno:
Oh!
(Tamino steht auf, droht ihm mit dem Finger.)
Nun sprech' ich aber kein Wort mehr!
(Die Drei Knaben kommen in einem mit Rosen bedeckten
Flugwerk. In der Mitte steht ein schön gedeckter Tisch. Der eine
hat die Flöte, der andere das Kätschen mit
Glöckchen.)
16. Terzett
Drei Knaben:
Seid uns zum zweitenmal willkommen,
Ihr Männer, in Sarastros Reich,
Er schickt, was man euch abgenommen,
Die Flöte und die Glöckchen euch.
Wollt ihr die Speisen nicht verschmähen,
So esset, trinket froh davon.
Wenn wir zum drittenmal uns sehen,
Ist Freude eures Mutes Lohn.
Tamino, Mut! Nah ist das Ziel.
Du, Papageno, schweige still!
(Unter dem Terzett setzen sie den Tisch in die Mitte und fliegen
auf.)
Dialog
Papageno:
Tamino, wollen wir nicht speisen?
(Tamino bläst uaf seiner Flöte)
Blase du nur fort auf deiner Flöte, ich will meine Brocken
blasen. Herr Sarastro führt eine gute Küche. Auf die Art,
ja, da will ich schon schweigen, wenn ich immer solche gute Bissen
bekomme. Nun, ich will sehen, ob auch der Keller so gut bestellt ist.
(Er trinkt.)
Ha! Das ist Götterwein!
(Die Flöte schweigt.)
Pamina (freudig eintretend):
Du hier? Gütige Götter! Dank euch! Ich hörte
deine Flöte - und so lief ich pfeilschnell dem Tone nach.
Aber du bist traurig? Sprichst nicht eine Silbe mit deiner
Tamino (seufzt)
Ah!
(Winkt ihr fortzugehen.)
Pamina:
Ich soll dich meiden? Ich soll dich fliehen, ohne zu wissen, warum?
Tamino, liebst du mich nicht mehr? - Papageno, sage du mir, sag, was
ist meinem Freund?
(Papageno hat einen Brocken in dem Mund, hält mit
beiden Händen die Speisen zu, winkt fortzugehen.)
Pamina:
Wie? Auch du schweigst? O, das ist mehr als Tod! Liebster, einziger
Tamino!
17. Arie
Pamina:
Ach, ich fühl's, es ist verschwunden,
Ewig hin der Liebe Glück!
Nimmer kommt ihr Wonnestunden
Meinem Herzen mehr zurück!
Sieh', Tamino, diese Tränen,
Fließen, Trauter, dir allein!
Fühlst du nicht der Liebe Sehnen,
So wird Ruh' im Tode sein!
(Sie geht traurig ab.)
Papageno (ißt hastig):
Nicht wahr, Tamino, ich kann auch schweigen, wenn's sein muß. -
Ja; bei so einem Unternehmen, da bin ich ein Mann.
(Er trinkt.)
Der Koch und der Kellermeister sollen leben.
(Dreimaliger Posaunenton. Tamino winkt Papageno, daß
er gehen soll.)
Geh du nur voraus, ich komm dann schon nach.
(Tamino will ihn mit Gewalt fortführen.)
Nein! Der Stärkere bleibt da!
(dreimaliger Posaunenton)
Aha, das geht uns an.
(ruft)
Wir kommen schon. - Aber hör mal, Tamino, was wird denn noch
alles mit uns werden?
(Tamino deutet gen Himmel.)
Ach, du meinst, die Götter soll ich fragen?
(Tamino deutet ja.)
Ja, die könnten uns freilich mehr sagen, als wir wissen!
(Dreimaliger Posaunenton. Tamino reißt ihn mit Gewalt
fort.)
Eile nur nicht so, wir kommen noch immer zeitlich genug, um uns
braten zu lassen.
(Ab.)
Szene 5
Das Theater verwandelt sich in das Gewölbe von Pyramiden.
(Der Sprecher und einige Priester treten auf. Zwei Priester
tragen eine erleuchtete Pyramide auf den Schultern; jeder Priester hat
eine transparente Pyramide in der Größe einer Laterne in
der Hand. Achtzehn Priester in Form eines Dreiecks zu je 6
aufgestellt.)
18. Chor
Chor der Priester:
O Isis und Osiris, welche Wonne!
Die düst're Nacht verscheucht der Glanz der Sonne.
Bald fühlt der edle Jüngling neues Leben:
Bald ist er unserm Dienste ganz ergeben.
Sein Geist ist kühn, sein Herz ist rein,
Bald wird er unser würdig sein.
(Tamino wird hereingeführt.)
Dialog
Sarastro:
Prinz, dein Betragen war bis hierher männlich und gelassen; nun
hast du noch zwei gefährliche Wege zu wandern. Schlägt dein
Herz noch ebenso warm für Pamina, und wünschest du einst
als ein weiser Fürst zu regieren, so mögen die Götter
dich ferner begleiten. - Deine Hand. - Man bringe Pamina!
(Eine Stille herrscht bei allen Priestern; Pamina wird mit eben diesem Sack, welcher die Eingeweihten bedeckt, hereingeführt; Sarastro löst die Bande am Sacke auf.)
Pamina:
Wo bin ich? - Welch eine fürchterliche Stille! - Wo ist Tamino?
Sarastro:
Er wartet deiner, um dir das letzte Lebewohl zu sagen.
Pamina:
Das letzte Lebewohl? O wo ist er?
Sarastro:
Hier!
Pamina:
Tamino!
Tamino:
Zurück!
19. Terzett
Pamina:
Soll ich dich, Teurer, nicht mehr seh'n?
Sarastro:
Ihr werdet froh euch wiedersehn!
Pamina:
Dein warten tödliche Gefahren!
Tamino:
Die Götter mögen mich bewahren!
Pamina:
Dein warten tödliche Gefahren!
Tamino, Sarastro:
Die Götter mögen mich/ihn bewahren!
Pamina:
Du wirst dem Tode nicht entgehen,
Mir flüstert dieses Ahnung ein.
Tamino, Sarastro:
Der Götter Wille mag geschehen,
Ihr Wink soll mir/ihm Gesetze sein!
Pamina:
O liebtest du, wie ich dich liebe,
Du würdest nicht so ruhig sein.
Tamino, Sarastro:
Glaub mir, ich/er fühle/fühlet gleiche Triebe,
Werd'/Wird ewig dein Getreuer sein.
Sarastro:
Die Stunde schlägt, nun müßt ihr scheiden!
Pamina, Tamino:
Wie bitter sind der Trennung Leiden!
Sarastro:
Tamino muß nun wieder fort.
Tamino:
Pamina, ich muß wirklich fort!
Pamina:
Tamino muß nun wirklich fort?
Sarastro:
Nun muß er fort!
Tamino:
Nun muß ich fort.
Pamina:
So mußt du fort!
Tamino:
Pamina, lebe wohl!
Pamina:
Tamino, lebe wohl!
Sarastro:
Nun eile fort. Dich ruft dein Wort.
Die Stunde schlägt, wir sehn uns wieder!
Tamino, Pamina:
Ach, gold'ne Ruhe, kehre wieder! Lebe wohl! Lebe wohl!
(Entfernen sich)
Das Theater verwandelt sich in einen Saal mit vielen Türen.
Papageno (von aussen):
Tamino! Tamino! Willst du mich denn gänzlich verlassen?
(Er sucht herein.) Wenn ich nur wenigstens wüßte, wo ich wäre. - Tamino! Tamino, solang ich lebe, geh' ich nicht mehr von dir! Aber dies einmal verlaß mich armen Reisegefährten nicht!
(Er kommt an die Türe, wo Tamino abgeführt worden ist.)
Eine Stimme (ruft):
Zurück!
Papageno:
Barmherzige Götter! Wo wend' ich mich hin! Wenn ich nur wüßte, wo ich hereinkam. Tamino!
(Er kommt an die Türe, wo er hereinkam)
Die Stimme:
Zurück!
Papageno:
Nun kann ich weder vorwärts noch zurück!
(weint)
Und muß am Ende gar verhungern. - Geschieht mir schon recht! - Warum bin ich denn auch mitgereist?
(Der Sprecher tritt ihm entgegen)
Sprecher:
Mensch! Du hättest verdient, auf immer in finsteren Klüften der Erde zu wandern; die gütigen Götter aber entlassen dich der Strafe dich. Dafür aber wirst du das himmlische Vergnügen der Eingeweihten nie fühlen.
Papageno:
Je nun, es gibt ja noch andere Leute meinesgleichen! - Mir wäre jetzt ein gutes Glas Wein das größte Vergnügen.
Der Sprecher:
Sonst hast du keinen Wunsch in dieser Welt?
Papageno:
Bis jetzt nicht.
Der Sprecher:
Man wird dich damit bedienen!
(Ab. Sogleich kommt ein großer Becher, mit rotem Weln angefüllt, aus der Erde.)
Papageno:
Ach! Da ist er ja schon!
(trinkt)
Herrlich! Himmlisch! Göttlich! - Ha! Ich bin jetzt so vergnügt, daß ich bis zur Sonne fliegen könnte, wenn ich Flügel hätte! Ha! Mir wird so wunderlich ums Herz! Ich möchte - ich wünschte - ja, was denn?
(schlägt sein Glockenspiel):
Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
Wär' Seligkeit für mich!
Dann schmeckte mir Trinken und Essen,
Dann könnt' ich mit Fürsten mich messen,
Des Lebens als Weiser mich freun,
Und wie im Elysium sein!
Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
Wär' Seligkeit für mich!
Ach, kann ich denn keiner von allen
Den reizenden Mädchen gefallen?
Helf' eine mir nur aus der Not,
Sonst gräm' ich mich wahrlich zu Tod!
Ein Mädchen oder Weibchen
Wünscht Papageno sich!
O so ein sanftes Täubchen
Wär' Seligkeit für mich!
Wird keine mir Liebe gewähren,
So muß mich die Flamme verzehren!
Doch küßt mich ein weiblicher Mund,
So bin ich schon wieder gesund!
(Die Alte, tanzend und auf ihren Stock dabei sich stützend, kommt herein.)
Altes Weib:
Da bin ich schon, mein Engel!
Papageno:
Was, du hast dich meiner erbarmt?
Altes Weib:
Ja, mein Engel!
Papageno:
Na, das ist ein Glück!
Altes Weib:
Und wenn du mir versprichst, mir ewig treu zu bleiben, dann sollst du sehen, wie zärtlich dein Weibchen dich lieben wird.
Papageno:
Ei, du zärtliches Närrchen!
Altes Weib:
O. wie will ich dich umarmen, dich liebkosen, dich an mein Herz drücken!
Papageno:
Auch ans Herz drücken?
Altes Weib:
Komm, reich mir zum Pfand unsers Bundes deine Hand!
Papageno:
Nur nicht so hastig, mein lieber Engel! So ein Bündnis braucht doch auch seine Überlegung.
Altes Weib:
Papageno, ich rate dir, zaudre nicht! - Deine Hand, oder du bist auf immer hier eingekerkert.
Papageno:
Eingekerkert?
Altes Weib:
Wasser und Brot wird deine tägliche Kost sein. Ohne Freund, ohne Freundin mußt du leben, und der Welt auf immer entsagen.
Papageno:
Wasser trinken? Der Welt entsagen? Nein, da will ich doch lieber eine Alte nehmen, als gar keine. - Also gut, da hast du meine Hand mit der Versicherung, daß ich dir immer getreu bleibe.
(für sich)
solang ich keine Schönere sehe.
Altes Weib:
Das schwörst du?
Papageno:
Ja, das schwör' ich!
(Das Weib verwandelt sich in ein junges Weib, welches ebenso gekleidet ist, wie Papageno).
Papagena:
Papageno!
Papageno:
Papagena! -
(Er will sie umarmen.)
Sprecher (kommt und nimmt sie hastig bei der Hand):
Fort mit dir, junges Weib! Er ist deiner noch nicht würdig! Zurückl sag ich.
Papageno:
Was heißt, bitte...
Sprecher
(Er schleppt sie hinein, Papageno will ihr nach)
Zurück, sag ich! Oder zittre!
Papageno:
So ich mich zurückziehe, soll mich doch die Erde verschlingen.
(Er sinkt hinab.)
Oh!
Das Theater verwandelt sich in einen kurzen Garten. (Die Drei Knaben fahren herunter.)
Drei Knaben:
Bald prangt, den Morgen zu verkünden,
Die Sonn auf goldner Bahn.
Bald soll der Aberglaube schwinden,
Bald siegt der weise Mann.
O holde Ruhe, steig' hernieder,
Kehr' in der Menschen Herzen wieder;
Dann ist die Erd' ein Himmelreich,
Und Sterbliche den Göttern gleich.
Erster Knabe:
Doch seht, Verzweiflung quält Paminen!
Zweiter Knabe, Dritter Knabe:
Wo ist sie denn?
Erster Knabe:
Sie ist von Sinnen!
Drei Knaben:
Sie quält verschmähter Liebe Leiden.
Laßt uns der Armen Trost bereiten!
Fürwahr, ihr Schicksal geht uns nah!
O wäre nur ihr Jüngling da!
Sie kommt, laßt uns beiseite gehn,
Damit wir, was sie mache, sehn.
(Sie gehen beiseite. Pamina kommt, halb wahnwitzig, mit einem Dolch in der Hand.)
Pamina (zum Dolch):
Du also bist mein Bräutigam?
Durch dich vollend' ich meinen Gram.
Drei Knaben (beiseite):
Welch dunkle Worte sprach sie da?
Die Arme ist dem Wahnsinn nah.
Pamina:
Geduld, mein Trauter, ich bin dein;
Bald werden wir vermählet sein.
Drei Knaben:
Wahnsinn tobt ihr im Gehirne;
Selbstmord steht auf ihrer Stirne.
(zu Pamina)
Holdes Mädchen, sieh uns an!
Pamina:
Sterben will ich, weil der Mann,
Den ich nimmermehr kann hassen,
Sein Traute kann verlassen.
(auf den Dolch zeigend)
Dies gab meine Mutter mir.
Drei Knaben:
Selbstmord strafet Gott an dir!
Pamina:
Lieber durch dies Eisen sterben,
Als durch Liebesgram verderben!
Mutter, durch dich leide ich,
Und dein Fluch verfolget mich!
Drei Knaben:
Mädchen, willst du mit uns gehn?
Pamina:
Ha, des Jammers Maß ist voll!
Falscher Jüngling, lebe wohl!
Sieh, Pamina, ach! stirbt durch dich,
Dieses Eisen töte mich!
(Sie holt mit der Hand aus, um sich zu erstechen.)
Drei Knaben
(halten ihr den Arm):
Ha, Unglückliche, halt ein!
Sollte dies dein Jüngling sehen,
Würde er vor Gram vergehen;
Denn er liebet dich allein.
Pamina
(erholt sich):
Was? Er fühlte Gegenliebe,
Und verbarg mir seine Triebe,
Wandte sein Gesicht vor mir?
Warum sprach er nicht mit mir?
Drei Knaben:
Dieses müßen wir verschweigen,
Doch wir wollen dir ihn zeigen!
Und du wirst mit Staunen sehn,
Daß er dir sein Herz geweiht,
Und den Tod für dich nicht scheut.
Komm, wir wollen zu ihm gehen.
Pamina:
Führt mich hin, ich möcht' ihn seh'n!
Alle:
Zwei Herzen, die von Liebe brennen,
Kann Menschenohnmacht niemals trennen.
Verloren ist der Feinde Müh',
Die Götter selbst schützen sie.
(Gehen alle ab.)
Das Theater verwandelt sich in zwei große Berge; in dem einen
ein Wasserfall, worin man Sausen und Brausen hört; der andere
speit Feuer aus; jeder Berg hat ein durchbrochenes Gegitter, worin man
Feuer und Wasser sieht; da, wo das Feuer brennt, muß der
Horizont hellrot sein, und wo das Wasser ist, liegt schwarzer
Nebel. Die Szenen sind Felsen, jede Szene schließt sich mit
einer eisernen Tür.
(Tamino ist leicht angezogen, ohne Sandalen. Zwei schwarzgeharnischte
Männer führen Tamino herein. Auf ihren Helmen brennt Feuer;
sie lesen ihm die transparente Schrift vor, welche auf einer Pyramide
geschrieben steht, diese Pyramide steht in der Mitte ganz in der
Höohe, nahe dem Gitter.)
Die zwei Geharnischten:
Der, welcher wandert diese Straße voll Beschwerden,
Wird rein durch Feuer, Wasser, Luft und Erden;
Wenn er des Todes Schrecken überwinden kann,
Schwingt er sich aus der Erde himmelan.
Erleuchtet wird er dann im Stande sein,
Sich den Mysterien der Isis ganz zu weih'n.
Tamino:
Mich schreckt kein Tod, als Mann zu handeln,
Den Weg der Tugend fortzuwandeln.
Schließt mir die Schreckenspforten auf,
Ich wage froh den kühnen Lauf.
Pamina (von innen):
Tamino, halt! Ich muß dich sehn.
Tamino:
Was hör ich? Paminens Stimme?
Die Geharnischten:
Ja, ja, das ist Paminens Stimme.
Alle:
Wohl mir/dir, nun kann sie mit mir/dir geh'n,
Nun trennet uns/euch kein Schicksal mehr,
Wenn auch der Tod beschieden wär!
Tamino:
Ist mir erlaubt, mit ihr zu sprechen?
Die Geharnischten:
Dir ist erlaubt, mit ihr zu sprechen.
Alle:
Welch Glück, wenn wir uns/euch wiederseh'n.
Froh Hand in Hand in Tempel geh'n!
Ein Weib, das Nacht und Tod nicht scheut,
Ist würdig und wird eingeweiht.
(Die Tür wird aufgemacht; Tamino und Pamina umarmen sich.)
Pamina:
Tamino mein! O welch ein Glück!
Tamino:
Pamina mein! O welch ein Glück!
Hier sind die Schreckenspforten,
Die Not und Tod mir dräu'n.
Pamina:
Ich werde aller Orten an deiner Seite sein;
Ich selbsten führe dich,
Die Liebe leitet mich!
(Sie nimmt ihn bei der Hand.)
Sie mag den Weg mit Rosen streun,
Weil Rosen stets bei Dornen sein.
Spiel du die Zauberflöte an;
Sie schütze uns auf uns'rer Bahn.
Es schnitt in einer Zauberstunde
Mein Vater sie aus tiefstem Grunde
Der tausendjähr'gen Eiche aus,
Bei Blitz und Donner, Sturm und Braus.
Nun komm und spiel' die Flöte an,
Sie leite uns auf grauser Bahn.
Alle:
Wir wandeln (Ihr wandelt) durch des Tones Macht
Froh durch des Todes düstre Nacht.
(Die Türen werden nach ihnen zugeschlagen; man sieht Tamino und Pamina wandern; man hört Feuergeprassel und Windgeheul, manchmal auch den Ton dumpfen Donners und Wassergeräusch. Tamino bläst seine Flöte; gedämpfte Pauken akkompagnieren manchmal darunter. Sobald sie vom Feuer herauskommen, umarmen sie sich und bleiben in der Mitte.)
Pamina, Tamino:
Wir wandelten durch Feuersgluten,
Bekämpften mutig die Gefahr.
Dein Ton sei Schutz in Wasserfluten,
So wie er es im Feuer war.
(Tamino bläst; man sieht sie hinuntersteigen und nach einiger Zeit wieder heraufkommen; sogleich öffnet sich eine Türe; man sieht einen Eingang in einen Tempel, welcher hell beleuchtet ist. Eine feierliche Stille. Dieser Anblick muß den vollkommensten Glanz darstellen. Sogleich fällt der Chor mit Pauken und Trompeten ein. Zuvor aber Tamino und Pamina.)
Pamina, Tamino:
Ihr Götter, welch ein Augenblick!
Gewähret ist uns Isis' Glück!
Chor
(von innen):
Triumph! Triumph! Du edles Paar!
Besieget hast du die Gefahr!
Der Isis Weihe ist nun dein!
Kommt, tretet in den Tempel ein!
(Alle ab.)
Das Theater verwandelt sich wieder in den vorigen Garten. (Papageno kommt, dann die drei Knaben, zuletzt Papagena.)
Papageno:
Papagena! Papagena! Papagena!
Weibchen! Täubchen! meine Schöne!
Vergebens! Ach, sie ist verloren!
Ich bin zum Unglück schon geboren!
Ich plauderte - und das war schlecht,
Und drum geschieht es mir schon recht!
Seit ich gekostet diesen Wein,
Seit ich das schöne Weibchen sah,
So brennt's im Herzenskämmerlein,
So zwickt's hier, so zwickt's da.
Papagena! Herzensweibchen!
Papagena, liebes Täubchen!
's ist umsonst, es ist vergebens!
Müde bin ich meines Lebens!
Sterben macht der Lieb' ein End',
Wenn's im Herzen noch so brennt.
(Er nimmt den Strick von seiner Mitte)
Diesen Baum da will ich zieren,
Mir an ihm den Hals zuschnüren,
Weil das Leben mir mißfällt;
Gute Nacht, du falsche Welt.
Weil du böse an mir handelst,
Mir kein schönes Kind zubandelst,
So ist's aus, so sterbe ich;
Schöne Mädchen, denkt an mich,
- Will sich eine um mich Armen,
Eh' ich hänge, noch erbarmen,
Nun, so laß ich's diesmal sein!
Rufet nur, ja oder nein. -
(Sieht sich um.)
Keine hört mich; alles stille!
Also ist es euer Wille?
Papageno, frisch hinauf!
Ende deinen Lebenslauf!
(Sieht sich um.)
Nun, ich warte noch, es sei,
Bis man zählet: eins, zwei, drei.
(Pfeift.)
Eins!
(Sieht sich um, pfeift)
Zwei!
(Sieht sich um, pfeift)
Drei! (Sieht sich um)
Nun, wohlan, es bleibt dabei,
Weil mich nichts zurücke hält,
Gute Nacht, du falsche Welt!
(Will sich hängen.)
Drei Knaben (fahren herunter):
Halt ein, o Papageno! und sei klug,
Man lebt nur einmal, dies sei dir genug!
Ihr habt gut reden, habt gut scherzen;
Doch brennt' es euch, wie mich im Herzen,
Ihr würdet auch nach Mädchen gehn.
So lasse deine Glöckchen klingen,
Dies wird dein Weibchen zu dir bringen.
Ich Narr vergaß der Zauberdinge!
Erklinge, Glockenspiel, erklinge!
Ich muß mein liebes Mädchen seh'n.
Klinget, Glöckchen, klinget,
Schafft mein Mädchen her!
Klinget, Glöckchen, klinget!
Bringt mein Weibchen her.
(Unter diesem Schlagen laufen die Drei Knaben zu ihrem Flugwerk und bringen das Weib heraus.)
Drei Knaben:
Nun, Papageno, sieh dich um!
(Papageno sieht sich um; beide haben unter dem Ritornell komisches Spiel.)
Papageno:Pa-pa-pa-pa-pa-pa-Papagena!
Papagena:Pa-pa-pa-pa-pa-pa-Papageno!
Papageno:Bist du mir nun ganz gegeben?
Papagena:Nun, bin ich dir ganz gegeben!
Papageno:Nun, so sei mein liebes Weibchen!
Papagena:
Nun, so sei mein Herzenstäubchen!
Beide:
Welche Freude wird das sein,
Wenn die Götter uns bedenken,
Unsrer Liebe Kinder schenken,
So liebe, kleine Kinderlein!
Erst einen kleinen Papageno-
Papagena:Dann eine kleine Papagena-
Papageno:Dann wieder einen Papageno-
Papagena:Dann wieder eine Papagena-
Papageno:Papageno!
Papagena:
Papagena!
Papageno:
Es ist das höchste der Gefühle,
Wenn viele, viele Papageno,
Der Eltern Segen werden sein.
Es ist das höchste der Gefühle,
Wenn viele, viele Papagena,
Der Eltern Segen werden sein.
(Sie gehen ab.)
(Monostatos kommt. Die Königin und die Drei Damen kommen von beiden Versenkungen; sie tragen schwarze Fackeln in der Hand.)
Monostatos:
Nur stille, stille, stille,
Bald dringen wir im Tempel ein.
Nur stille, stille, stille,
Bald dringen wir im Tempel ein.
Doch, Fürstin, halte Wort!
Erfülle
- dein Kind muß meine Gattin sein.
Ich halte Wort; es ist mein Wille,
Mein Kind soll deine Gattin sein.
Ihr Kind soll deine Gattin sein.
(Man hört dumpfen Donner, Geräusch von Wasser.)
Monostatos:
Doch still, ich höre schrecklich Rauschen,
Wie Donnerton und Wasserfall.
Ja, fürchterlich ist dieses Rauschen,
Wie fernen Donners Widerhall!
Monostatos:
Nun sind sie in des Tempels Hallen.
Alle:
Dort wollen wir sie überfallen -
die Frömmler tilgen von der Erd'
Mit Feuersglut und mächt'gem Schwert.
Dir, große Königin der Nacht,
sei uns'rer Rache Opfer gebracht.
(Man hört der stärksten Akkord, Donner, Blitz, Sturm.)
Alle:Zerschmettert, zernichtet ist unsere Macht,
Wir alle gestürzt in ewige Nacht!
(Sie versinken. Sogleich verwandelt sich das ganze Theater in eine Sonne. Sarastro steht erhöht; Tamino, Pamina, beide in priesterlicher Kleidung. Neben ihnen die ägyptischen Priester auf beiden Seiten. Die Drei Knaben halten Blumen.)
Sarastro:
Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht,
Zernichten der Heuchler erschlichene Macht.
Heil sei euch Geweihten!
Ihr dränget durch Nacht.
Dank sei dir, Osiris,
Dank dir, Isis, gebracht!
Es siegte die Stärke
Und krönet zum Lohn
Die Schönheit und Weisheit
Mit ewiger Kron'.