Mozarts Zauberflöte
Handlungsbeschreibung






Originalszene
aus dem 1. Akt





Personen:

Sarastro................................................Bass
Tamino..................................................Tenor
Königin der Nacht.............................Sopran
Pamina, ihre Tochter........................Sopran
Papageno............................................Bariton
Papagena............................................Sopran
Monostatos, ein Mohr.......................Tenor
Drei Damen der Königin..................Soprane, Alt
Drei Knaben........................................Soprane, Alt
Zwei Geharnischte............................Tenor, Bariton
Sklaven, Priester

Ort: Im Orient. Zeit: Irgendwann

"Drei Welten sind in der Zauberflöte übereinander gestellt und ineinander verwoben: die Welt des Unterirdischen (Königin der Nacht und Monostatos), die Welt des einfachen sinnenhaften Menschen (Papageno und Papagena) und die Welt abgeklärten, weisen Menschentums (Sarastro und seine Priester). Der ehrlich ringende und opferbereit liebende Mensch (Tamino) muss alle drei Reiche mutig und standhaft durchschreiten, bevor er der Menschheitsweihen teilhaftig wird. Beschieden ist ein solches Emporwachsen aber nur dem Manne; das Weib (Pamina) kann dem Manne wohl Gefährtin sein, nicht aber Mitstreiterin.

Die Ouvertüre beginnt mit drei feierlichen Posaunenrufen: die Welt der Weisheit ruft den Suchenden. Ein kurzes, ruhiges Sinnen, dann hebt ein Fugato an. 

Anfang der Ouvertüre

Es ist ein Klopfen und Hämmern, als werde lauteres Gold von fleissigen Händen zu kostbaren Geschmeiden geschmiedet. Die fugierte Form dieses Hämmerns deutet vielleicht auf die innere Feierlichkeit und den Zweck des Hämmerns hin: auch der Mensch ist ein kostbarer Rohstoff, der behauen werden muss. Mit den Posaunenakkorden und dem hämmernden Fugenthema ist der thematische Stoff der Ouvertüre im wesentlichen gegeben und die Sinnbildlichkeit des ganzen Werkes festgelegt. Die Tonart ist Es-Dur; zu ihr (und zur Paralleltonart e-moll) greift Mozart fast immer dann, wenn er die feierlich ernste Welt Sarastros kennzeichnen will.

Erster Akt.

Der Prinz Tamino wird von einer Schlange verfolgt; er hat seine Pfeile verschossen und sinkt ohnmächtig zu Boden. Drei Damen der Königin der Nacht töten die Schlange. Neugierig und verliebt berachten sie den schönen Jüngling. Jede fordert jede auf, der Königin von dem Prinzen Bericht zu geben, und jede will zum "Schutz" des Jünglings zurückbleiben. Da sie sich alle durchschauen und keine weichen will, gehen sie schliesslich gemeinsam. Als Tamino aus seiner Ohnmacht erwacht, erblickt er Papageno, einen lustigen Burschen in einem Federkleid. Papagenos Auftrittslied "Der Vogelfänger bin ich ja" ist fast zum Volkslied geworden. Die drei zurückkehrenden Damen reichen Tamino ein Bildnis von Pamina, der Tochter der "sternflammenden Königin". Entzückt starrt der Prinz auf das Bild: "Dies Bildnis ist bezaubernd schön." Die drei Damen erzählen, dass Pamina von dem Bösewicht Sarastro geraubt sei und dass Tamino sie befreien solle. Da erscheint die Königin selbst. In einer großen Koloraturarie mit vorausgehendem kurzem Rezitativ ("O zittre nicht, mein lieber Sohn") findet sie trotz den unendlich langen Koloraturen ausdruckvolle Töne für den Schmerz und Zorn des Mutterherzens. Als Tamino sich endlich fasst, ist die Königin der Nacht verschwunden. Die drei Damen überreichen den beiden zu Paminas Rettung Ausersehenen Geschenke, die sie in Augenblicken der Gefahr schützen sollen: Tamino erhält eine Zauberflöte, Papageno ein Glockenspiel. Von bezaubernder heiterer Schönheit ist die Überreichung der Geschenke ("Silberglöckchen, Zauberflöten sind zu Eurem Schutz vonnöten"), von unirdischer Verklärtheit die Ankündigung: "Drei Knaben, jung, schön, hold und weise, begleiten Euch auf Eurer Reise."

Verwandlung.

Pamina ist entflohen, doch der Mohr Monostatos hat sie wieder gefangen und bringt sie in den Sarastro-Palast zurück. In diesem Augenblick erscheint Papageno. Der Mohr und der Vogelmensch erschrecken voreinander ("Hu! Das ist - der Teu-fel si-cherlich!") und rennen nach verschiedenen Seiten davon. Papageno fasst sich als erster, kommt zurück, gibt sich Pamina als Abgesandter der nächtlichen Königin zu erkennen und will mit ihr den Prinzen suchen. -- Das Theater verwandelt sich in einen Hain. Drei Knaben führen Tamino herbei und ermahnen ihn: "Sei standhaft, duldsam und verschwiegen!" Wenn das lyrisch schwebende Terzett der Knaben verklungen ist, öffnet sich eine ganz neue Welt: Mozart tut hier zum ersten Male d e n Schritt, der auf den Weg zur deutschen Oper führen sollte. Taminos nachdenklicher Gesang "Die Weisheitslehre dieser Knaben sei ewig mir ins Herz gegraben" ist scheinbar noch im Stile des italienischen Rezitativs geschrieben; in Wirklichkeit führt er die Handlung i n n e r l i c h weiter, drückt durch die Art der Stimmführung aus, was in dem Singenden vorgeht und wie dieser innere Vorgang das weitere Handeln bestimmt. Noch deutlicher wird dieser neue Opernsprechgesang bei der Vertonung der folgenden Szene. Tamino schreitet auf eine Tür des Sarastro-Palastes zu, aber es ertönt ein furchtbares "Zurück!" Das gleiche wiederholt sich vor einer zweiten Türe. Doch die dritte öffnet sich bei seinem Nahen von selbst, ein Priester tritt heraus. Die Zwiesprache zwischen Tamino und dem Priester, der den Jüngling von Sarastros Güte und Weisheit überzeugen möchte, nimmt in ihrer musikalischen Dichte und Beredsamkeit bereits den dramatischen Gesangstil vorweg, den Wagner mehr als ein halbes Jahrhundert später zur Vollendung führen sollte. -- Stimmen aus der Höhe verkünden Tamino, dass Pamina lebt; beglückt spielt er auf seiner Flöte, und die wilden Tiere kommen, um ihm zu lauschen. Hinter der Szene antwortet Papageno. Mit Pamina kommt er herbei, gerade als Tamino hinausgeeilt ist, ihn zu suchen. Da erscheint auch der wutschnaubende Mohr ("Nur geschwinde, nur geschwinde") mit Sklaven, um die beiden fesseln zu lassen. Doch eiligst läßt Papageno sein Glöckchenspiel ertönen -- wie verzaubert müssen die Mohren nach der Glöckchenmelodie tanzen, und hüpfen davon. Diese Szene, so klein sie ist, gehört zu den wirkungsvollsten, heitersten und zugleich künstlerisch erhabensten der Opernmusik. Geschaffen wurde sie mit den einfachsten Mitteln: ein kleiner Männerchor singt eine volksliedhaft schlichte Weise über dem spieluhrartigen Geklingel des Glöckchenspiels. 

Das klinget so herrlich

Auch der folgende Zwiegesang Papagenos und Paminas ("Könnte jeder brave Mann solche Glöckchen finden") gehört zu jenen Weisen, die nicht für das Theater, sondern auf grüner Wiese erfunden worden zu sein scheinen. -- Feierlich ertönt ein Chor der Priester. Gütig schreitet Sarastro auf Pamina zu und beruhigt ihr geänstigtes Herz. Auch Tamino, den Monostatos herbeischleppt, wird von Sarastro nicht bestraft, sondern wohlwollend aufgenommen. Nur der Mohr empfängt für seine "Tüchtigkeit" siebenundsiebzig Sohlenstreiche. Und als er schreit "Ach Herr, den Lohn verhoff ich nicht", antwortet Sarastro mit abgründigem Humor: "Nicht Dank, es ist ja meine Pflicht." Mit einem großen Chorgesang auf Tugend und Gerechtigkeit schließt der erste Akt.

Zweiter Akt.

Ein feierlicher Marsch der Priester leitet das Geschehen ein. Die Priesterschaft ist mit Sarastro einig, dass man die beiden Fremden den Prüfungen unterziehen solle (Arie mit Chor: "O Isis und Osiris"). -- Tamino und Papageno werden in einen Vorhof des Tempels geführt. Zwei Priester befragen die Fremdlinge. Tamino will sich den Prüfungen unterwerfen, um der höchsten Weisheit teilhaftig zu werden. Doch Papageno verzichtet auf Weisheit, wenn er nur genug zu essen und zu trinken hat. Erst als man ihm ein Weibchen verheisst, das ihm an Farbe und Kleid ganz ähnlich ist und sich Papagena nennt, will auch er die Prüfungen wagen. (In dem Zwiegesang der Priester "Bewahret Euch vor Weibertücken: dies ist des Bundes erste Pflicht" flackert wieder ein abgründiger Humor auf: Mozart und Schikaneder mögen sich aus ihrer Logenzeit manches Freimaurers erinnert haben, der weniger Weisheit als Zuflucht vor der Frau bei den Logenveranstaltungen suchte.) Den beiden allein gelassenen Weisheitssuchern erscheinen die drei Damen, um ihnen Zweifel zu machen über die Redlichkeit Sarastros, aber trotz einigen Entgleisungen Papagenos halten die beiden Jünglinge der Prüfung stand: sie schweigen.

Verwandlung.

Im nächtlichen Garten schläft Pamina. Der Mohr hält seine Stunde für gekommen. Die Leidenschaft der Sinne geht mit ihm durch. Sein körperliches Verlangen drückt sich aus in der Geschwind-Arie: "Alles fühlt der Liebe Freuden." Musikalisch ein tolles Stück mit den aufgeregten Läufen der Flöte (mit Pikkoloflöte!) und den hämmernden Streichern. Als der Mohr sich auf Pamina stürzen will, erscheint die Königin der Nacht. Sie verlangt von ihrer Tochter, dass sie Sarastro töten solle. Pamina ist entsetzt, doch die nächtliche Königin fährt in wilder Wut auf: "Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen" (innere Verwandtschaft mit der vor Sinnlichkeit kochenden Arie des Mohren). Als die Königin verschwunden ist, naht Monostatos; er hat alles gehört und stellt seine Forderung: entweder er verrät Pamina und ihre Mutter, oder Pamina gibt sich ihm zum Liebchen. Da erscheint Sarastro als Retter. Der Schwarze geht, um es "nun bei der Mutter zu versuchen". Sarastro zerstreut Paminas Furcht, dass er sich rächen würde; denn "In diesen heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht".

Verwandlung.

Tamino und Papageno werden in eine Halle geführt, wieder sollen sie schweigen. Papageno schwatzt mit einem alten Weibe; doch gerade als sie ihren Namen nennen soll (sie ist die verkleidete Papagena), ertönt ein Donnerschlag, und eilig humpelt die Alte davon. Papageno tröstet sich schnell, als die drei Knaben ihnen Speisen bringen und Glöckchenspiel und Zauberflöte dazu. Pamina kommt herbei, glücklich, den Geliebten wiedergefunden zu haben. Aber Tamino bleibt standhaft -- er redet kein Wort, obowhl er dadurch Pamina zu Tode kränkt. In Paminens Abschiedsarie "Ach, ich fühl's, es ist verschwunden ewig hin der Liebe Glück" schwingt jene schlichte Schermut, der man bei Mozart so häufig begegnet.

Verwandlung.

In einem Garten stehen die drei Knaben (die übrigens mittlerweile unmerklich in den Dienst Sarastros getreten sind.) Das Terzett "Bald prangt, den Morgen zu verkünden" gehört zum innigsten und wohllautendsten, was uns Mozart geschenkt hat. Pamina naht, in ihrer Verzweiflung will sie sich dem Tod geben, wird daran aber von den Knaben gehindert. Sie führen sie zu Tamino.

Verwandlung.

In einem Berge zur Rechten lodert ein mächtiges Feuer, in einem anderen Berge donnert ein gewaltiger Wasserfall. Zwei Geharnischte führen Tamino herein und lesen ihm eine Inschrift vor, die über dem Feuer-Wasser-Wege steht: "Der, welcher wandert diese Strasse voll Beschwerden . . . " Dieser Gesang ist eine alte Chormelodie von ernstem, schreitendem Charakter. Begleitet von Flöte, Oboe, Fagott und Posaune singen die beiden Geharnischten einstimmig die feste Melodie. Verstärkt wird der feierliche Charakter durch eine fugierte Streicherbegleitung (dieses Fugato und die Tonart c-moll stellen die innere Verwandtschaft zur Ouvertüre her).

Der welcher wandelt diese Strasse

-- Pamina naht; sie darf Tamino auf seinem Wege begleiten. Wenn die Stimmen der beiden Geharnischten und der beiden Liebenden ineinanderklingen im "Wir wandeln durch des Tones Macht", dann tut sich eine Welt auf von unirdischer Erhabenheit. Erregend die Ablösung dieses Klangbildes durch die hohle, nur von Pauke und Blechbläsern gestützte Melodie der Zauberflöte, zu deren Klang die Liebenden Feuer und Wasser unversehrt durchschreiten. Beglückt singen Tamino und Pamina "Wir wandern durch die Feuersgluten ...", und wieder klingt die Musik wie aus einer andern Welt. In strahlender Schönheit ersteht vor beiden der Tempel der Isis. Ein Chor der Priester beschließt das Bild in weihevoller Größe. Wie verzaubert schreiten die Liebenden auf den Tempel zu.

Verwandlung.

Papageno hat die Prüfungen nicht bestanden und findet auch sein Weibchen nicht. Soviel er auch ruft, "Papagena, liebes Täubchen! Papagena, Herzensweibchen!" -- nichts antwortet ihm. Nun, so will er sich aufhängen: "Diesen Baum da will ich zieren." Doch wie er sich umständlich ans Werk begibt, erinnern ihn die drei Knaben an sein Glöckchenspiel. Was seinem Rufen nicht gelingen wollte, das gelingt den Glöckchen: das Vogelweibchen erscheint. Und die Vogelmenschen begrüßen sich sehr stilecht mit einem gackernden: "Pa-Pa-Pa-Pa-Pa-Pa- Pagena" und "Pa-Pa-Pa-Pa-Pa-Pa-Pageno". Ohne Umschweife geben die beiden endlich Vereinten bekannt, dass sie sich recht viele kleine Papagenos und Pagagenas wünschen. Als sie Hand in Hand davongerannt sind, erscheinen die Königin der Nacht, ihre drei Damen und der Mohr. In unheimlichem c-moll vereint sich das Stimmenquintett: Sarastros Tempel soll überfallen, Pamina befreit und des Mohren Frau werden. Unter Donner und Sturm verwandelt sich die Bühne in eine Strahlensonne, die Mächte der Finsternis müssen weichen, in den Sonnenstrahlen stehen die Priester, Sarastro, die drei Knaben, Tamino und Pamina. Ein Chor "Heil sei euch Geweihten" beendet die Oper in der Tonart Es-dur, in der Tonart des Vorspiels:

"Es siegte die Stärke und krönet zum Lohn
Die Schönheit und Weisheit mit ewiger Kron'!"

 

(Quellen:  Siehe Quellenangaben in der Entstehungsgeschichte).



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